#BlackLivesMatter sorgt auch in der Markenwelt für Veränderungen.

„Black lives matter!“ – seit Wochen sind die Stimmen rund um die Rassismus-Debatte laut geworden. Immer mehr Menschen fangen an, die Problematiken wirklich zu sehen, sich zu informieren, entwickeln das Bedürfnis zu handeln, die Bewegung zu unterstützen. Ausgelöst durch den Tod von George Floyd, der unter Gewalt eines US-amerikanischen Polizisten starb, krabbelte eine Debatte an die Oberfläche, die schon seit Jahren existent ist, jedoch nie eine größere Plattform erreichte. Nicht zum ersten Mal kursierte ein Fall wie der von George Floyd in den Medien. Nicht zum ersten Mal musste ein schwarzer Mensch unter dem Hass eines Weißen leiden. Nicht zum ersten Mal wird #BlackLivesMatter in den sozialen Medien gepostet. Doch zum ersten Mal bekommt das Thema eine große Lobby. Zum ersten Mal fangen tausende Menschen an, Gewalt und Diskriminierung an schwarzen Menschen bewusst zu kritisieren, ja sogar vereint dagegen zu protestieren. Die Entwicklung dieser historischen Bewegung hat nun auch angefangen, Marken und ihren Auftritt in der Öffentlichkeit zu beeinflussen.

Standen bereits in der Kritik: Sarotti und ihr Mohr.

Im Rahmen der Rassismus-Debatte ändert Sarotti Logo und Maskottchen Name

Schon im vergangenen Jahr wurde etwa die Debatte rund um Sarottis Maskottchen, den „Sarotti-Mohr“, in Zusammenhang mit Alltagsrassismus laut. Wurde die schwarze Diener-Figur schon 2004 durch einen auf einer Mondsichel balancierenden Magier mit goldener Haut ausgetauscht, so hielt sich die Bezeichnung Sarotti-Mohr stetig. Bei der dann folgend aufkeimenden Debatte ging es speziell um das Wort „Mohr“, welches an den Rassismus zu Kolonialzeiten, Sklaverei und eine negative Assoziierung mit dem Begriff erinnerte. So wurden im Zuge der Debatte auch Bezeichnungen und Namen wie die Mohrenstraße, die Mohrenapotheke oder der altbekannte Mohrenkopf kritisiert. Aus dem "Sarotti-Mohr" wurde letztendlich der "Sarotti-Magier der Sinne".

Der Unterschied zwischen dem Sarotti-Mohr-Eklat und der jetzigen Black-Lives-Matter-Bewegung in der Markenwelt: Diesmal fangen Menschen an, sich ernsthaft und tief gehend mit dem Thema zu beschäftigen. Mit dieser voranschreitenden Aufklärung, den vielen geöffneten Augen und dem Wunsch vieler, etwas zu verändern, wächst der Druck auf Marken, deren Logos und Namen aus einer Zeit stammen, in der rassistische Stereotypen diskussionslos akzeptiert waren.

Markenpositionierung – aber bitte mit Moral und Anstand.

Die marke Uncle Ben's will im Rahmen der Rassismus-Debatte ihr Corporate Design ändern

Folglich beginnen immer mehr Marken zu handeln. Angefangen – und damit ein großes Aufsehen erregt – hat die Reismarke Uncle Ben’s. Seit Jahrzehnten verbinden Menschen die orangene Packung und den lächelnden Uncle Ben mit leckeren Reisgerichten. Laut der Marke selbst soll Uncle Ben ein afroamerikanischer Reisbauer aus Texas sein, der besonders  herausragenden Reis anbaut. Doch eben dieser Uncle Ben erinnert mit seinem weißen Hemd und der manchmal noch abgebildeten Fliege um den Hals an einen Mann in Butler-Uniform. Dazu kommt, dass afroamerikanische Bedienstete in den USA früher häufig „Aunt“ oder „Uncle“ genannt wurden, weil ihnen das Recht auf den Titel „Mrs.“ oder „Mr.“ verweigert wurde.

Nun gibt der Lebensmittelkonzern Mars, dem Uncle Ben’s angehört, die Änderung des Logos und das Entwickeln eines neuen Key Visual bekannt. Das Unternehmen wolle damit einen Beitrag zu einem Ende von „rassistischen Vorurteilen und Ungerechtigkeiten“ leisten. Wie genau und wann das passieren wird, ist bisher noch nicht bekannt.

Der Weg ist das Ziel – und Aufklärung der Schlüssel.

„Endlich“ sagen viele, andere sind der Meinung, diese Reaktion sei genau die falsche. So schreibt Kolumnist Mike Kleiß auf W&V: „Uncle Ben jedoch deshalb als Markenbild aufzugeben, das ist genau das falsche Signal. Uncle Ben hat seine Schuldigkeit getan, über Jahrzehnte war er gut, nun lässt man ihn – vielleicht weil es durch die aktuellen Diskussionen zu heiß wird – einfach fallen. Mit Verlaub: Ich finde das ist einfach nur feige. Ich hätte Mars durchaus mehr zugetraut.“ Was nun richtig und was falsch ist, bedarf möglicherweise noch mehr Aufklärung, noch mehr Auseinandersetzung mit dem Thema. Wichtig ist: Es ist in der Marken-Welt angekommen und immer mehr Marken tun ihr Bestes, um das Thema sensibel zu behandeln, sich politisch korrekt darzustellen und so ihren ganz eigenen Beitrag zum Thema Black Lives Matter und der Rassismus-Debatte zu leisten.

Es muss nur einer den Anfang machen.

Die Marke Aunt Jemima will im Rahmen der Rassismus-Debatte ihr Corporate Design ändern

Fast zeitgleich mit Uncle Ben’s begann auch ein Umdenken bei der vor allem für ihre Pancake-Mischungen und den Ahornsirup bekannte Marke „Aunt Jemima“. Auch hier lächelt eine an eine Bedienstete erinnernde Afroamerikanerin von der Packung. In diesem Fall gab das Mutterunternehmen Quaker Foods North America, welches zum PepsiCo-Konzern gehört, bereits bekannt, dass das Logo zum Ende diesen Jahres abgeschafft wird. Außerdem soll es einen neuen Namen geben. Und auch Nestlé hat angekündigt, dass zwei Süßigkeiten einem Redesign unterzogen werden. So soll das dunkelhäutige Baby auf der „Chicos Lollies“-Packung sowie der indigene Amerikaner mit traditionellem Kopfschmuck auf der „Red Skin’s“-Verpackung künftig der Vergangenheit angehören.

Nicht alle ziehen mit.

Die Marke Lucaffe steht aufgrund des Logos in der Kritik im Rahmen der Black lives matter-Bewegung

Nach und nach rücken immer mehr Marken in den Mittelpunkt der Rassismus-Debatte. Die italienische Kaffeerösterei Lucaffè beispielsweise wird für ihr Logo kritisiert. Ein glatzköpfiger lachender und barfuß tanzender Afroamerikaner mit betont vollen Lippen – kurzum: eine Figur voller rassistischer Stereotype – ziert die Packung der Kaffeebohnen. Lucaffè gab bisher keine Änderungspläne bekannt. Und auch die Brauerei Mohrenbräu bekam aufgrund des Namens bereits einen nicht unwesentlichen Shitstorm, sodass das Unternehmen sogar seine Social-Media-Kanäle einstellte. „Wir kennen selbstverständlich diese Diskussion und verstehen, dass unser Logo manche Menschen irritiert. Die Mohrenbrauerei steht für Toleranz und lehnt Rassismus ganz entschieden ab. Gerade weil in einer solchen Diskussion manchmal die Wogen hochgehen, braucht es einen sachlichen, respektvollen und wertschätzenden Dialog. Dieser scheint aktuell nicht mehr möglich zu sein, deswegen sehen wir uns gezwungen, unseren Kanal vorübergehend stillzulegen", so das Unternehmen. Auch die Kaffee-Marke Julius Meinl steht trotz eines ersten Redesign-Versuches vor knapp 15 Jahren in der Kritik, der „Meinl-Mohr“ wird weiterhin als rassistisches Symbol betrachtet. Ob sich bei diesen Marken in naher Zukunft etwas ändert bleibt abzuwarten, ein Umdenken in der Markenbranche ist trotzdem deutlich spürbar.

Wer nichts ändern kann positioniert sich – denn jede Stimme zählt.

Adidas positioniert sich für die Black lives matter-Bewegung und teilt sogar ein Posting des Konkurrenten Nike

So setzen sich auch Marken, die nicht in die Debatte geraten sind, öffentlich für die BLM-Bewegung ein. Sportmarken wie Adidas, Patagonia oder Arc’teryx positionierten sich nach dem Tod von George Floyd auf Social Media. Adidas teilte hierzu sogar einen Post des Konkurrenz-Unternehmen Nike. Puma rief derweil zu Spenden auf.

Die Black-Lives-Matter-Bewegung hat die Marken-Branche nachhaltig sensibilisiert, geprägt, bewegt und vor allem: geändert. #BlackLivesMatter – und das künftig auch in der Entstehung, Darstellung und Positionierung von Marken.