20 Prozent auf alles - Wenn ein Markenversprechen zum Verhängnis wird.
Die deutsche Baumarktbranche konnte im vergangenen Jahr an Verkaufsfläche und Umsatz zulegen. Nur ein Unternehmen koppelte sich vom positiven Trend in der Branche zusehends ab. Praktiker, der ehemalige Top Player in der Baumarktbranche, musste Insolvenz anmelden. Welche Rolle hat die Markenführung dabei gespielt?
Ein Verlierer unter vielen Umsatzgewinnern.
Hohe Nachfrage der Konsumenten und ein noch höheres Angebot an Anbietern charakterisierten lange Zeit den Wettbewerb auf dem DIY-Markt. Insgesamt befindet sich die Branche im Wachstum mit einem gestiegenen flächenbereinigten Umsatz im Jahr 2011 um 0,9 Prozent (Dähne Verlag, 2013). Über Jahre verfolgten viele Baumarktketten das Ziel, sich ausschließlich über den Preis zu differenzieren und durch die Preisführerschaft ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt innezuhaben. Dabei dienten besonders Lebensmittel- Einzelhandelsmarken wie Aldi oder Lidl als Vorbilder, die es geschafft haben sich als Discounter in einem kompetitiven Markt zu positionieren und dabei wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Jedoch blieben bei den Baumarktketten trotz hoher Umsätze die Margen dünn - einige Baumärkte erkannten die Zeichen der Zeit. Während Praktiker sich weiterhin über den Preis differenzierte, positionierten sich Wettbewerber wie OBI oder Hornbach fortan als Spezialisten für Hochwertiges und wurden belohnt.
Ineffizient und fehlpositioniert.
Mit dem einmaligen Slogan „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“ schaffte sich Praktiker ein unverwechselbares Image. Fokussierte Kommunikation und dauerhafte Tiefpreise ließen das Markenversprechen in den Köpfen der Konsumenten verankern. Aber in Zeiten von Individualität, Nachhaltigkeit und Menschlichkeit ist „billig“ allein für den kritischen Verbraucher kein Wert mehr an sich. Zwar schaffte Praktiker 2011 den Schlachtruf aus der Markenstrategie ab, jedoch wurde mit dem neuen Claim „Hier spricht der Preis“ weiterhin das Billig-Image der Kette geprägt. Trotz einer hohen gestützten Markenbekanntheit von 93% (Seven One Media, 2011) sind die Umsätze geschrumpft und Praktiker musste Insolvenz anmelden.
Was wurde aus Sicht der Markenführung falsch gemacht?
Zum einen war das Markenversprechen für Praktiker nicht im Geschäftsmodell umsetzbar. Praktiker schaffte es zwar Dauertiefpreise anzubieten, verfehlte es aber organisatorisch dies auch kostenseitig abzubilden. Dabei gibt es im Handel eine einfache Regel: „Wer Preisführer sein will, sollte auf lange Sicht auch Kostenführer sein“ (Porter, 1980). Um organisatorische Effizienz sicherzustellen, mussten Kosten gespart werden und somit wurden die Verkaufsflächen immer kleiner und das Angebot immer dünner. Praktiker verlor den Fokus. 20 Prozent-Aktionen konnten den Nachteil des kleineren Angebots nicht ausgleichen und Praktiker war nicht mehr wettbewerbsfähig.
Zum anderen hat es Praktiker versäumt seine Markenpositionierung an die gesellschaftlichen Trends anzupassen. Durch die Fehlpositionierung am Markt hat die Marke im Relevant Set der Konsumenten kaum mehr eine Rolle gespielt. Konkurrenten wie Hornbach haben es besser gemacht. Mit der Idee „Mach es zu deinem Projekt“ wurde die Marke nicht nur durch Individualität emotional aufgeladen, sondern „Heimwerkern“ wurde zu etwas Besonderem. Durch gezielte Aktionen wie dem Verkauf von Hämmern aus Panzerstahl gekoppelt an emotionale und polarisierende Kommunikation, hat es Hornbach geschafft die Marke für den Kunden erlebbar zu machen.
Fazit.
Praktiker hat es verpasst seine Markenstrategie zu überprüfen und anzupassen. Ein kostenineffizientes Geschäftsmodell und eine Markenposition, die nicht mehr den Kundenbedürfnissen entsprechen, führten somit zum Ende einer bekannten Marke.
Autor: Philipp Groß, September 2013.